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Aquarell-Tutorial für Anfänger („Tiger“)

Ich habe eine Anleitung zum Malen eines Aquarellbildes erstellt. Dieses Tutorial gibt es hier als Artikel zum Nachlesen, aber auch als Video (ca. 6 Minuten als Zeitraffer) zum Anschauen. Dabei kann man den Prozess des Aquarellmalens von der Vorzeichnung bis zum fertigen Bild gut nachvollziehen. Als Motiv habe ich mir einen Tigerkopf gewählt.

Wer realistische Motive anstrebt, ist für den Einstieg in die Aquarell-Malerei gut beraten, erst mal von einer Fotovorlage abzumalen. Man kann die Besonderheiten der Aquarellfarbe so meist leichter studieren. Ich habe mir als Motiv einen Tigerkopf gewählt, weil man an dem einige Prinzipien der Aquarellmalerei gut zeigen kann.

Video: Aquarell malen ganz einfach

Zunächst das Video, dass die Entstehung des Aquarellbildes in ca. 6 Minuten als Zeitraffer zeigt. In Wirklichkeit habe ich rund 70 Minuten daran gearbeitet.

Video: „Aquarell malen – Anfänger Tutorial, Tiger“ (youtube)

Vorzeichnung? Oder besser nicht?

Zunächst skizziere ich die Konturen. Das ist bei realistischen Motiven meist sehr hilfreich. Es gibt zwar eine Reihe von Aquarellkünstlern, die das ablehnen, weil die Bleistiftlinie später noch zu sehen sein wird. Aber im Zeitalter der digitalen Perfektion finde ich diese Arbeitsspuren eigentlich sehr reizvoll und authentisch.

Aquarell Vorzeichnung

Aquarell Vorzeichnung

Je mehr Erfahrung man hat, und je eher man bereit ist, Fehler und Ungenauigkeiten als Stil zu akzeptieren, um so eher wird man sich von der Vorzeichnung lösen können. Für den Anfang ist es hilfreich, weil man sich so besser auf die Farbe konzentrieren kann.

Lavieren

Die erste Farbschicht male ich mit flüssigem Gelb. Entscheidend ist, dass man alles, was am Ende weiß sein soll, ausspart. Man malt also die Farbe quasi um das Weiß herum. In das flüssige Gelb mische ich ein wenig Orange und Rot. Dieses Ineinanderlaufen der flüssigen Aquarellfarbe nennt man Lavieren. Lavieren ist das Ineinanderfließen verschiedener Farbtöne.

Aquarell lavieren (Tutorial)

Aquarell lavieren (Tutorial)

Lasieren

Mit einem hellen Blau lege ich die Schattenpartien an. Da die gelbe Fläche bereits getrocknet ist, mischt sich das Blau nicht mehr mit der gelben Farbe. Stattdessen legt sich eine neue Schicht darüber.

Diese Prinzip der Aquarellmalerei nennt man Lasieren. Die erste Farbschicht ist nicht deckend, sondern immer mehr oder weniger transparent, je nachdem, wie viel Farbpigmente man in das Wasser mischt. Das Weiß des Bildgrundes (Büttenpapier) scheint also mehr oder weniger stark durch. Diese hauchdünne Farbschicht verleiht vielen Farben eine große Leuchtkraft. Man spricht von „Lasieren„, weil die Farbe durchscheinend, also lasierend ist.

Aquarell lasieren (Tutorial)

Aquarell lasieren (Tutorial)

Feine Strukturen durch Trocknungsprozess

Den Hintergrund lege ich zunächst als eine Fläche aus reinem Permanentgrün an. Die Randbereiche male ich mit sehr viel Wasser, so dass die flüssige Farbe eine Zeitlang auf dem Papier steht. Mit einem sehr feinen Haarpinsel ziehe ich dann feine Linien in die helle Fläche, so dass quasi als Negativform Haare entstehen.

Aquarellbild: Trocknung der Aquarellfarbe

Aquarellbild: Trocknung der Aquarellfarbe

Zum Schluss mische ich noch ein wenig Ultramarinblau in die grüne, flüssige Farbe. Weil Wasserfarbe von außen hin in die Mitte trocknet, entstehen bei sehr flüssigen, lavierenden Flächen oft reizvolle, verzweigte Strukturen.

Bei Aquarellfarben trocknet das Bild (anders als bei der Ölmalerei) durch Verdunstung des Wassers. Aquarellfarbe ist im Grunde nur ein Bindemittel (Gummi Arabicum) mit Farbpigmenten. Mit dem Wasser löst man das Bindemittel an, so dass die Pigmente im Wasser schwimmen bzw. sich verteilen. Anders als bei z.B. Acrylfarbe lösen sich die Farbpigmente selber nicht. Sie schwimmen quasi als feine Teilchen im Wasser. Beim Malen legen sie sich als hauchdünne Schicht auf das Papier. Dank des Bindemittels haften sie daran fest, wenn das Wasser verdunstet ist.

Dunkle Flächen sind nicht schwarz!

Die untere Schicht der dunklen Tigerstreifen male ich zunächst in einem Blauton. Um sie richtig dunkel zu bekommen, werde ich mehrere Farbschichten übereinander setzen. Ich würde davon abraten, schwarz als Farbe zu verwenden. Ich benutze es höchstens zum Mischen, aber auch dafür brauche ich es fast nie.

Aquarellbild Tiger: Streifen zunächst blau

Aquarellbild Tiger: Streifen zunächst blau

Stattdessen mische ich nun aus einem dunklen Violett, Chromdioxyd-Grün und vor allem einem dunklen Siena gebrannt einen dunkelbraun-Ton. Dieser Farbton hat den Vorteil, dass er bei hoher Dichte fast schwarz aussieht – aber an den flüssigen Rändern hin bräunlich wirkt. Falls ich mich als beim Malen etwas vermale, stört das das Bildergebnis nicht.

Zum Schluss: Details!

Mit einen feinen Pinsel male ich nun noch einige Details. Die dunklen Partien kann man durch Auftragen einer weiteren Farbschicht noch weiter hervorheben – dabei ist es im Grunde egal, welche Farbe man nutzt – diese Flächen sind inzwischen deckend, fast wie bei einer Gouache. Schwarz bzw „Dunkel“ bei einem Aquarell bedeutet vor allem: der weiße Untergrund scheint nicht mehr durch.

Aquarell-Bild malen (Anleitung, Tutorial)

Aquarell-Bild malen (Anleitung, Tutorial)

Vorder- und Hintergrund

Abschließend möchte ich den Vorder- und Hintergrund noch klarer trennen, damit er Tiger noch mehr „ins Auge springt“. Dafür male ich eine Schicht mit „lichtem Ocker“ über die Grüne Schicht im Hintergrund. Ocker mischt sich anschließend mit dem Blaugrün zu einem warmen, dunklen Grün. Weil die Fläche fast deckend doppelt bemalt ist, wirkt sie dumpfer, matter, eben anders als der kontrastreiche Tigerkopf, der so stärker in den Vordergrund tritt.

Hier nun das fertige Aquarellbild. Kritik und Anregungen bitte gerne in die Kommentare :-)

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Aquarellbild "Tiger" (Martin Mißfeldt, 2016)

Aquarellbild „Tiger“ (Martin Mißfeldt, Aug. 2016, 20 x 25 cm)



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Kommentare

Meine Aquarellkästen und die Erfahrungen damit (Schmincke) 19. August 2016 um 16:48

[…] Aquarell-Tutorial für Anfänger […]


» Aquarell malen lernen (Video) 23. August 2016 um 23:20

[…] Künstlerbedarf-Blog habe ich die einzelnen Schritte noch einmal genau beschrieben, siehe Aquarell-Tutorial für Anfänger („Tiger“). Dort findet man auch eine Seite zum Thema „Aquarellkasten kaufen – was […]


Jennifer 17. Mai 2017 um 23:08

Hallo das sieht echt hammer aus hab es versucht doch am ende hab ich doch schwarz genommen


Art23 8. Oktober 2017 um 10:02

Ein schönes Bild und gut gelungenes Tutorial. Allerdings fehlen die Lichtpunkte in den Augen des Tigers, was das ganze noch realistischer machen wird. Dazu, wie du bereits gesagt hast, einfach aussparen.

Der Tiger sieht aber bis auf das echt toll aus! Die Mischung aus Lasieren und Lavieren ist perfekt. Der Hintergrund entspricht allerdings nicht der Technik, für die man Aquarell eigentlich benutzt- der Hintergrund, so die ungeschriebene Regel, darf den Vordergrund, dh. den Tiger, nicht oder nur schwach berühren. Aber das ist ja eine individuelle Sache.

Noch ein Tipp: es gibt, auch in Läden wie Müller und Co., wasservermalbare Stifte, die (ich nehme immer grau) super zum Vorzeichnen geeignet sind. Man sieht die Linien am Ende nicht, und wenn noch welche da sind, dann kannst du sie mit Wasser verschwinden lassen.


Ferdinand Schneider 17. Oktober 2018 um 09:50

Danke für diesen Aquarell-Tutorial für Anfänger. Ich möchte mehr zeichnen und malen, weil mir das sehr gut gefällt. Deshalb habe ich vielen Künstlerbedarf gekauft. Ich werde im Voraus eine Skizze machen, da ich noch nicht viel Erfahrung habe.


» Meine Aquarellkästen und die Erfahrungen damit (Schmincke) 19. April 2020 um 13:03

[…] Aquarell-Tutorial für Anfänger […]


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